Wir leben in einer Zeit, in der das Wort ‚Purpose‘ – Zweck – die Runde macht, besonders in der Pflegebranche. Manche sehen darin eine bahnbrechende Methode, die Art und Weise, wie Pflegepersonal an ihre Arbeit herangeht, grundlegend zu verändern. Andere wiederum betrachten es als bloßes Modephänomen, eine leere Worthülse, die nur dazu dient, das Image eines Unternehmens aufzupolieren.

Aber worum geht es bei diesem ‚Purpose‘ wirklich? Und ist es tatsächlich so wichtig für die Pflegebranche, wie es manche behaupten?

Um diese Fragen zu beantworten, sollten wir zunächst klären, was ‚Purpose‘ genau bedeutet. Es ist mehr als nur das, was wir tun. Es ist der Grund, warum wir tun, was wir tun. Es ist der Funke, der uns antreibt, der uns motiviert, und der uns das Gefühl gibt, dass unsere Arbeit einen Unterschied macht. Es ist das, was uns das Gefühl gibt, dass wir nicht nur einen Job machen, sondern einen Beitrag leisten.

In der Pflegebranche hat der Purpose eine besonders wichtige Bedeutung. Die Pflege ist eine äußerst anspruchsvolle Tätigkeit, sowohl physisch als auch emotional. Pflegekräfte sind oft mit schwierigen Situationen konfrontiert, die viel Empathie und Engagement erfordern. In solch einer Umgebung kann ein starker Purpose der entscheidende Faktor sein, der Pflegekräfte motiviert und ihnen hilft, auch in schwierigen Zeiten durchzuhalten.

Die Kritiker des ‚Purpose‘-Konzepts behaupten, es handle sich dabei nur um eine weitere Methode, mit der Unternehmen versuchen, ihre Mitarbeiter dazu zu bringen, härter zu arbeiten. Sie sehen es als eine Form der Manipulation, ein Mittel, um Mitarbeiter dazu zu bringen, mehr zu leisten, ohne dafür eine entsprechende Gegenleistung zu bieten.

Doch diese Sichtweise ist kurzsichtig und ignoriert die potenziellen Vorteile, die ein starker Purpose bieten kann. Studien haben gezeigt, dass Mitarbeiter, die einen Sinn in ihrer Arbeit sehen, engagierter, produktiver und zufriedener sind. Sie fühlen sich stärker mit ihrem Arbeitgeber verbunden und sind eher bereit, über das hinaus zu gehen, was von ihnen erwartet wird.

Darüber hinaus kann ein klar definierter Purpose auch dazu beitragen, die Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen zu stärken und die Fluktuationsrate zu senken. In einer Branche, die mit Fachkräftemangel und hohen Fluktuationsraten zu kämpfen hat, wie die Pflegebranche, kann dies einen erheblichen Unterschied machen.

Natürlich ist es wichtig, anzuerkennen, dass Purpose nicht das Allheilmittel für alle Probleme in der Pflegebranche ist. Er kann nicht die tief verwurzelten systemischen Probleme lösen, die die Branche plagen, wie beispielsweise die Unterfinanzierung oder die schlechten Arbeitsbedingungen. Aber er kann ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung sein.

Am Ende des Tages ist es nicht genug, nur ein ‚Purpose‘ zu haben, es  muss auch von einer authentischen Verpflichtung begleitet sein, die Bedingungen, unter denen das Pflegepersonal arbeitet, zu verbessern. Es erfordert eine langfristige Strategie, die auf das Wohlergehen der Mitarbeiter abzielt, und einen Willen, in ihre Entwicklung und Unterstützung zu investieren.

Es ist auch wichtig, zu betonen, dass der Purpose eines Unternehmens mehr als nur Worte auf einer Webseite oder in einer Unternehmensbroschüre sein muss. Er muss in das tägliche Handeln des Unternehmens integriert sein und sich in der Art und Weise widerspiegeln, wie es seine Mitarbeiter behandelt, wie es seine Dienstleistungen anbietet und wie es zur Gesellschaft beiträgt.

In der Pflegebranche kann dies bedeuten, den Mitarbeitern Schulungen und Entwicklungsmöglichkeiten anzubieten, eine faire Entlohnung und gute Arbeitsbedingungen zu gewährleisten und eine Unternehmenskultur zu schaffen, die Wertschätzung und Respekt fördert. Es bedeutet auch, den Patienten qualitativ hochwertige Pflege zu bieten und einen Beitrag zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung in der Gemeinschaft zu leisten.

Einige mögen behaupten, dass dies unrealistisch oder zu ambitioniert ist. Aber ich würde argumentieren, dass wir uns nicht mit weniger zufrieden geben sollten. Die Pflegebranche ist zu wichtig und die Arbeit, die das Pflegepersonal leistet, ist zu wertvoll, um sich mit weniger zufrieden zu geben.